Abmahnung

Eine Abmahnung erhalten Sie, wenn Ihr Arbeitgeber an Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses denkt.

Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass er mit Ihrem Verhalten in der einen oder anderen Hinsicht unzufrieden ist, Sie wegen guter Leistungen aber dennoch halten und mit der Abmahnung nur auf den aus seiner Sicht richtigen Weg zurückholen möchte. In der Praxis kommt diese Variante aber eher selten vor. In den allermeisten Fällen ist dem Ausspruch einer Abmahnung bereits einiges vorausgegangen und bedeutet die Abmahnung, dass der Arbeitgeber sich innerlich bereits von Ihnen verabschiedet hat und die Kündigung vorbereiten will.

Deshalb: Wenn Ihr Chef Ihnen eine Abmahnung aushändigt oder gar einfach per Post zuschickt, sollten bei Ihnen alle Alarmglocken klingeln!

Tipp 1:
Die Abmahnung in keinem Falle ignorieren und den Kopf in den Sand stecken! Überlegen Sie genau, wie Sie reagieren und lassen Sie sich erforderlichenfalls durch Betriebsrat, Gewerkschaft oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten.

Bevor der Arbeitgeber eine fristlose oder eine verhaltensbedingte fristgerechte Kündigung aussprechen kann, muß er – von Ausnahmefällen einmal abgesehen - den Arbeitnehmer wegen eines gleichartigen Verhaltens abgemahnt und ihn dadurch vor dem Risiko einer Kündigung im Wiederholungsfall gewarnt haben.

Das schreiben § 314 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch und das Kündigungsschutzrecht so vor. Ohne eine Abmahnung ist eine wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen, so wenn der Arbeitnehmer bei dem Fehlverhalten, das den Arbeitgeber zur Kündigung bewegt, ohnehin weiß oder wissen muss, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten auf keinen Fall hinnehmen wird, etwa bei bestimmten Straftaten oder sonstigen besonders schwerwiegenden Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten. Der Griff in die Kasse ist dafür ein klassisches Beispiel.

Tipp 2: 
Erhalten Sie eine verhaltensbedingte fristlose oder fristgerechte Kündigung, ohne dass dem eine Abmahnung wegen eines gleichartigen Fehlverhaltens vorausgegangen wäre, gehen Sie unbedingt und schnell zu einem Fachanwalt und lassen sich beraten.

Sie haben gute Chancen, die Kündigung mit einer Klage wieder vom Tisch zu bekommen oder aber für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls eine Abfindung zu erhalten. Ob ein Fall vorliegt, in dem der Arbeitgeber ausnahmsweise vor der Kündigung nicht vergeblich abgemahnt haben muss, kann nur ein Jurist beurteilen. Jede Kündigung aber, gleich ob begründet oder nicht, wird wirksam, wenn sie nicht binnen drei Wochen mit Kündigungsschutzklage angegriffen wird. Deshalb ist sofortiges Handeln angezeigt.

Wenn der Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht, muss diese nicht unbedingt wirksam sein. 

Nach der Rechtsprechung muss eine Abmahnung nicht nur begründet sein sondern auch bestimmte formale Anforderungen erfüllen, um überhaupt wirksam zu sein.

Die Abmahnung kann mündlich wie schriftlich ausgesprochen werden. Allerdings ist es für den Arbeitgeber bei mündlichen Abmahnungen erfahrungsgemäß schwer, den Ausspruch und die Einhaltung der genannten Anforderungen beweisen zu können. Sie kann vom Inhaber, Geschäftsführer, Personalleiter des Unternehmens ausgesprochen werden, aber auch von Vorgesetzten, die befugt sind, Ihnen Anweisungen betreffend Zeit, Ort und Art und Weise der Arbeit zu geben.

Insbesondere muss die Abmahnung, um wirksam zu sein:

Daneben muß die Abmahnung begründet sein. Das vorgeworfene Verhalten muss

Die Abmahnung muss zeitnah ausgesprochen werden. Wartet der Arbeitgeber nach einem Vorfall längere Zeit, während der der Arbeitnehmer sich vertragstreu verhält, und spricht er erst dann die Abmahnung aus, kann das Recht zur Abmahnung wie die Juristen sagen verwirkt sein. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber weitere gleichartige Pflichtverletzungen unbeanstandet hingenommen hat und auf diese Weise den Eindruck erzeugt, er sei bereit, das fragliche Verhalten zu dulden.

Und umgekehrt verliert eine ursprünglich begründete  Abmahnung nach einer bestimmten Zeitspanne, die nur am Einzelfall bestimmt werden kann, in der Regel spätestens nach 2 Jahren ihre Wirksamkeit, sofern gleiche oder gleichartige Vorfälle sich nicht wiederholt haben, und kann eine auf sie gestützte Kündigung nicht mehr rechtfertigen.

Soweit ein Tarifvertrag für Ihr Arbeitsverhältnis gilt, kann dieser vorschreiben, dass Sie vor Aussprache einer Abmahnung zu dem Vorwurf anzuhören sind. Auch dies kann die Unwirksamkeit einer Abmahnung begründen.

Eine unwirksame oder eine unbegründete Abmahnung müssen Sie nicht akzeptieren und können deren Rücknahme und Entfernung aus der Personalakte verlangen.

Handeln oder abwarten?

Was können Sie tun? Sie können

Die Frage, wie Sie auf eine Abmahnung, die Ihnen problematisch erscheint, reagieren, erfordert Fingerspitzengefühl:

Tipp 3: Wenn Sie das Gefühl haben, der Vorwurf sei unbegründet, der Arbeitsplatz sei aber nicht bereits gefährdet und der Arbeitgeber noch nicht konkret kündigungswillig, und wenn auch Sie den Arbeitsplatz erhalten wollen, empfiehlt es sich, nur eine Gegendarstellung abzugeben und im übrigen abzuwarten. Eine Klage kann Porzellan zerschlagen, das noch intakt ist.

Tipp 4: Gar nicht zu reagieren und abzuwarten kann sinnvoll sein, wenn der Vorwurf begründet und die Abmahnung nur formal mangelhaft ist. Ansonsten geben Sie dem Arbeitgeber durch Ihre Beanstandungen unter Umständen die Möglichkeit, den Mangel durch Ausspruch einer neuen, formal korrekten Abmahnung zu beheben und so die Ausgangsgrundlage für die beabsichtigte Kündigung zu schaffen, die ihm ansonsten fehlen würde.

Tipp 5: Wenn Sie das Gefühl haben einerseits, der Arbeitgeber habe sich innerlich bereits von Ihnen verabschiedet, warte nur auf einen Anlass, um die Kündigung durchsetzen zu können; wenn Ihnen andererseits der Vorwurf lt. Abmahnung unbegründet erscheint, vom Arbeitgeber nicht bzw.  nur schwer bewiesen werden kann oder wenn die Abmahnung sonstige Mängel aufweist, ist zu empfehlen, gegen die Abmahnung vorzugehen, indem Sie zunächst vorgerichtlich die Rücknahme und Entfernung aus der Personalakte verlangen und gegebenenfalls entsprechende Klage erheben.

 

Dies führt, wenn Ihre Einschätzung richtig ist, in ein Verfahren, das die Möglichkeit eröffnet, Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu führen. Es führt über die sich entspinnende Auseinandersetzung möglicherweise dazu, dass der Arbeitgeber aus einer Verärgerung heraus weitere Fehler begeht (beispielsweise eine gesetzlich nicht gerechtfertigte und ihrerseits unwirksame Kündigung ausspricht), die im Endergebnis die Chance einer akzeptablen Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes weiter verbessern.

Tipp 6: Von einer Eigenkündigung Ihrerseits muss dringend abgeraten werden, solange Sie einen Ersatzarbeitsplatz nicht sicher haben. Sie begründet das hohe Risiko, dass die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld verhängen wird, bezüglich derer Sie Mühe haben werden, sie zu verhindern, selbst wenn die Abmahnung unbegründet war. Denn Sie werden das Problem haben, die Agentur für Arbeit von der Fehlerhaftigkeit der Abmahnung überzeugen zu müssen. Und außerdem vereitelt die Eigenkündigung jegliche Möglichkeit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und daraus resultierende Einkommensverluste durch eine Abfindung zumindest abgefedert zu bekommen.

Die Entscheidung, welche der genannten Handlungsalternativen Sie wählen, sollten Sie nicht ohne kompetente Beratung – sei es durch den Betriebsrat, die Gewerkschaft oder einen Fachanwalt – treffen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Entscheidung sind komplex und die Folgen Ihres Handelns für Sie als Nichtjuristen häufig nicht abzusehen. 

Dies gilt selbst dann, wenn Sie der Alternative, nur eine Gegendarstellung abzugeben, zuneigen. Denn je nach Art des Vorwurfs und Sachlage können Sie sich über eine nicht sorgfältig formulierte und an den rechtlichen Vorschriften orientierte Gegendarstellung erst recht um Kopf und Kragen schreiben und den Vorwurf, ohne dass Sie es gewollt haben, möglicherweise sogar erst beweiskräftig bestätigen,  aus dem Blickwinkel des Richters, der letztendlich über die Sache zu entscheiden hat.

Gelingt es nicht, die Streitigkeit unter Vermittlung von Betriebsrat, gewerkschaftlichem Vertrauensmann oder sonstwie gütlich beizulegen, empfiehlt es sich wegen der beträchtlichen finanziellen Auswirkungen des ersatzlosen Verlusts des Arbeitsplatzes und der großen Bedeutung erfahrenen und taktisch geschickten Handelns und Verhandelns in jedem Fall, einen Fachanwalt zuzuziehen.