Untersuchungshaft - Wegweiser für Angehörige

Besuchserlaubnis, Pakete, Korrespondenz – Wegweiser für Angehörige

Untersuchungshaft ist immer hart – für alle Betroffenen. Für die Angehörigen, für Freunde und Lebenspartner kommt die Schwierigkeit hinzu, dass sie in den allermeisten Fällen zum ersten Mal mit einer solchen Situation konfrontiert sind, dass der gewohnte Alltag völlig aus der Bahn gerät, häufig schnelle Entscheidungen zu treffen sind, um weitere Schäden abzuwenden, dass aber nur der Inhaftierte weiß, wo wichtige Unterlagen sind, und nicht zuletzt: dass sie über keinerlei Informationen verfügen, wie sie ihm die missliche Lage zumindest ein wenig erleichtern können.

Daher geben wir nachfolgend einige Informationen, die für Angehörige von Untersuchungsgefangenen als Wegweiser dienen können.

1.      Wo befindet sich der Inhaftierte?

Wenn jemand in Untersuchungshaft genommen wird, ist ein Angehöriger oder eine Person seines Vertrauens zu verständigen. Darüber hinaus kann der Inhaftierte verlangen, selbst jemanden verständigen zu können, wenn dem Belange der Ermittlung nicht entgegenstehen. In der Regel erfährt also jemand aus dem Angehörigen- bzw. Vertrautenkreis, dass und wo der Betroffene einsitzt, es sei denn der Kontakt kann nicht hergestellt werden.

Hat die Verständigung nicht geklappt, können Sie über Anrufe bei Polizei, Haftrichter, Staatsanwaltschaft oder Verteidiger versuchen, mehr zu erfahren. Der Richter trifft zugleich mit der Anordnung der Untersuchungshaft eine Bestimmung, in welche Justizvollzugsanstalt (JVA) der Betroffene aufgenommen werden soll. Das ist grundsätzlich im Vollstreckungsplan des jeweiligen Landes geregelt. In die JVA transportiert ihn die Polizei, in der Regel die Beamten, die auch die Haftrichtervorführung abgewickelt haben. War ein Verteidiger bei der Haftrichtervorführung dabei, kennt er in der Regel auch die JVA. In der Ermittlungsakte, die sich nach der Entscheidung des Haftrichters wieder bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft befindet, ist die JVA vermerkt, in die die Einweisung erfolgt.

Erbringen die Anrufe den Aufenthaltsort nicht, können Sie den zuständigen Richter und Staatsanwalt erfragen, diesen persönlich aufsuchen und um Auskunft bitten.

Wenn die JVA weit entfernt ist, etwa vom Wohnort der Familie, kann ein Antrag gestellt werden, den Inhaftierten ausnahmsweise in eine nähere JVA zu verlegen. Der Haftrichter hat die Möglichkeit, aus besonderen Gründen für den Vollzug eine andere als die im Vollstreckungsplan vorgesehene JVA zu bestimmen.

2.      Besuche in der JVA

Besuchserlaubnis
Besuche bei Untersuchungsgefangenen in der  JVA (Justizvollzugsanstalt) sind nur mit Erlaubnis möglich. Die Besuchserlaubnis erteilt entweder der für den Betroffenen zuständige Staatsanwalt oder der Haftrichter. Das ist von Region zu Region, teilweise von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk unterschiedlich geregelt. In Hessen werden Besuchserlaubnisse in aller Regel durch den Staatsanwalt erteilt.

Anträge müssen in der Regel schriftlich gestellt werden. Sie können den Antrag per Brief einreichen, zur Beschleunigung aber auch direkt auf der zuständigen Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts abgeben.

Besuche von nahen Verwandten und Ehegatten werden normalerweise genehmigt.

Soll der Besuch gleichzeitig durch mehrere Personen erfolgen, müssen Sie das im Antrag ausdrücklich angeben, auch für Kinder. Wie viele Besucher gleichzeitig kommen dürfen, ist in den einzelnen JVAs unterschiedlich geregelt. Die Höchstzahl der Besucher können Sie telefonisch bei der JVA erfragen. Meist werden maximal drei Personen gleichzeitig zugelassen.

Ihr Besuch wird überwacht, jedenfalls optisch. Unter Umständen wird auch das Gespräch mitgehört. Wollen oder müssen Sie beim Besuch in einer Fremdsprache reden, geben Sie dies in dem Besuchsantrag an. Es wird dann ein vereidigter Dolmetscher zugezogen, dessen Kosten der Besucher tragen muss.

Wenn Sie den Inhaftierten mehrfach besuchen möchten, geben Sie dies ebenfalls an und beantragen Sie eine Dauerbesuchserlaubnis.

Die Erteilung einer Erlaubnis darf nur abgelehnt werden, wenn durch den Besuch der Haftzweck gefährdet wäre oder der Besuch die Ordnung der Vollzugsanstalt stören würde. Das gilt etwa wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Besuch für Verdunkelungsmaßnahmen genutzt werden soll.

Wird ein Antrag auf Erteilung einer Besuchserlaubnis abgelehnt, können Sie dagegen  Beschwerde einlegen.

Zeitpunkt, Häufigkeit und Dauer der Besuche
Wann und wie oft Sie den Inhaftierten besuchen können, ist von JVA zu JVA unterschiedlich: in manchen sind in Besuche einmal pro Woche zugelassen, in anderen nur alle 2 Wochen. Ebenso unterschiedlich sind Tage und Zeiten.

Für die Justizvollzugsanstalten in Mittelhessen, in denen Untersuchungshaft vollzogen wird, gelten derzeit folgende Regelungen:

JVA Butzbach          
Kleeberger Str. 23, 35510 Butzbach
Tel. (06033) 8930

Besuchszeit: Mittwoch 8 – 12 Uhr

JVA Gießen             
Gutfleischstr. 2A, 35390 Gießen
Tel. (0641) 934-1537

Besuchszeit: Montag bis Freitag 10 – 14 Uhr nach Vereinbarung

JVA Limburg           
Walderdorffstr. 16, 65549 Limburg

Tel. (06431) 917233

Besuchszeit: Dienstag 15.30 – 18.30 Uhr, Mittwoch 8 – 15.30 Uhr, Donnerstag 12 – 17.30 Uhr; Terminvereinbarung telefonisch Montag bis Freitag 15 – 20 Uhr

Vorsichtshalber sollten Sie die aktuellen Tage, die Zeiten und Modalitäten vor dem ersten Besuch telefonisch bei der jeweiligen JVA erfragen.

Die regelmäßige Dauer für einen Besuch beträgt 30 Minuten.

Möchten Sie den Inhaftierten häufiger bzw. außerhalb der üblichen Besuchszeiten besuchen oder möchten Sie die Besuchsdauer verlängern, müssen Sie dies beim Haftrichter gesondert beantragen, benötigen dafür aber Gründe. Zuzulassen sind weitere Besuche, wenn sie der Erledigung unaufschiebbarer persönlicher, rechtlicher oder geschäftlicher Angelegenheiten dienen, die nicht schriftlich vom Gefangenen oder Dritten allein abgewickelt werden können.

Eine Sondergenehmigung kommt beispielsweise in Frage, wenn der Besucher eine lange Anreise hat, zu der die Besuchsdauer von 30 Minuten außer Verhältnis steht.

Besuchsablauf
Beim Einlass in die JVA legen Sie Besuchserlaubnis und Ihren Ausweis vor. Es findet aus Sicherheitsgründen eine genaue Personenkontrolle statt. Erscheinen Sie frühzeitig: Wegen begrenzter räumlicher und personeller Kapazitäten kann es zu längeren Wartezeiten kommen.

Der Besuch wird normalerweise durch einen Bediensteten der JVA, in besonderen Fällen durch einen mit dem Verfahren vertrauten Kriminalbeamten überwacht. Kontrolliert wird unter Umständen auch der Inhalt der geführten Gespräche. Des weiteren soll die unzulässige Übergabe von Gegenständen verhindert werden.

Wollen oder müssen Sie das Gespräch mit dem Inhaftierten in einer Fremdsprache führen, wird auf Anordnung des Haftrichters für die Überwachung ein Dolmetscher hinzugezogen (siehe oben). Ohne Dolmetscher wird der die Überwachung durchführende Beamte die Unterhaltung in einer fremden Sprache unterbinden und den Besuch notfalls abbrechen.

Zugelassen wird es häufig, dass Sie dem Inhaftierten ein Getränk oder Zigaretten aus im Besuchsbereich aufgestellten Automaten ziehen.

3.      Telefonate

Telefongespräche mit einem Untersuchungshäftling werden nur selten zugelassen. Im Einzelfall kann dennoch ein gut begründeter Antrag beim Haftrichter gestellt werden. Insbesondere kann ein Antrag aussichtsreich sein, wenn der Inhaftierte keine Besuche empfangen kann, weil seine Angehörigen im Ausland leben.

4.      Briefverkehr

Der Untersuchungshäftling kann unbegrenzt Briefe schreiben und empfangen. Allerdings wird jeder ein- und ausgehende Brief geöffnet und gelesen, bevor er dem Inhaftierten

Übergeben bzw. an den Empfänger weitergeleitet wird.

Die Briefkontrolle führt entweder der zuständige Haftrichter oder der Staatsanwalt durch. Dies wird unterschiedlich gehandhabt. Eine Übertragung der Briefkontrolle auf den Staatsanwalt ist aber nur mit Einwilligung des Inhaftierten möglich.

Weitergeleitet werden nur Briefe, deren Inhalt für unbedenklich befunden wird, insbesondere im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren.

Sie müssen daher gut überlegen, was Sie in Briefen an den Inhaftierten schreiben.

Briefe, in denen es auch um Sachverhalte geht, die in Zusammenhang mit dem Tatvorwurf stehen, können als Beweismittel beschlagnahmt werden. Ebenso können Briefe mit Inhalten, die die Ordnung der JVA oder den Haftzweck gefährden können, angehalten werden. Dann kommt der Brief nicht an, was die Kommunikation empfindlich stören kann.

Manchmal führt die Briefkontrolle dazu, dass es längere Zeit, bis hin zu mehreren Wochen dauert, bis ein Brief den Empfänger erreicht. Dagegen können der Inhaftierte und seine Kommunikationspartner meist wenig machen. Besonders viel Zeit beansprucht insbesondere die Kontrolle fremdsprachiger Briefe, da sie zunächst übersetzt werden müssen.

5.      Pakete

Die direkte Übergabe von Gegenständen an den Inhaftierten, z.B. im Rahmen eines Besuchs, ist nicht erlaubt. Allerdings können Sie ihm Pakete schicken. Der Inhalt der Pakete wird vor der Aushändigung von der JVA kontrolliert.

Gefordert wird, dass Sie eine so genannte „Paketmarke“ auf das Paket kleben. Derartige Marken erhält der Untersuchungsgefangene in der JVA und kann sie an denjenigen aushändigen oder übersenden, der ihm ein Paket schicken soll. Mittels der Paketmarke wird der Empfang eines Pakets im Vorhinein genehmigt.

In jeder JVA gibt es ein Merkblatt, dem zu entnehmen ist, was nach der Regelung der jeweiligen Anstalt in ein Paket hinein darf und was nicht, wie groß und wie schwer es sein darf. Sie erhalten es im Regelfall mit der Paketmarke. Diese Vorgaben müssen Sie unbedingt einhalten, da ansonsten die Aushändigung des Pakets verweigert wird.

Die Zahl der Pakete, die ein Inhaftierter empfangen darf, wird von der jeweiligen JVA in der Regel beschränkt. Paketempfang wird meist zugelassen nach Einlieferung in die Justizvollzugsanstalt, zum Geburtstag und zu hohen Feiertagen. Wird der Empfang weiterer Pakete versagt, wie es häufige Praxis ist, kann der Inhaftierte im Einzelfall eine Entscheidung des Haftrichters herbeiführen oder bereits im Vorhinein die Genehmigung des Haftrichters für zusätzliche Pakete beantragen.

Dem Inhaftierten Geräte, etwa einen Fernseher, zukommen lassen wollen, ist häufig  kompliziert. Was geht und wie es abgewickelt wird, erfragen Sie am besten direkt in der JVA.

6.      Kleidung / Wäsche

Untersuchungsgefangene dürfen auch während der Haft ihre eigene Kleidung tragen. Das Tragen von Anstaltskleidung kann nur dann von ihnen verlangt werden, wenn sie keine Möglichkeit haben, ihre Kleidung zu tauschen und reinigen zu lassen.

Bekommt der Inhaftierte regelmäßig Besuch, kann er dem Besucher die schmutzige Wäsche zum Waschen übergeben und vom Besucher mitgebrachte Wäsche entgegennehmen. Wo dies nicht zugelassen ist, kann der Wäschetausch durch Übersendung von Wäschepaketen erfolgen.

Der Wäschetausch muß allerdings teilweise vorher genehmigt werden. Dies können Sie durch telefonische Anfrage bei der JVA abklären.

7.      Einkauf, Verpflegung, Geld

Gegenstände des persönlichen Bedarfs kann der Inhaftierte beim so genannten Anstaltseinkauf erwerben. Die Häufigkeit ist von JVA zu JVA verschieden. Meist findet der Einkauf einmal wöchentlich statt.

Daneben kann der Untersuchungsgefangene Mahlzeiten von durch die JVA genehmigten Gaststätten beziehen.

Bargeld darf er nicht besitzen. Jeglicher Einkauf wird daher bargeldlos abgewickelt. Dazu muss der Untersuchungsgefangene ein entsprechendes Guthaben auf dem für ihn geführten Anstaltskonto haben. Zu diesem Zweck können Angehörige oder andere Personen Geldbeträge an die Anstalt überweisen.

Als Verwendungszweck muss bei einer solchen Zahlung der Name des Untersuchungsgefangenen, sein Geburtsdatum und das Wort Einkauf angegeben werden, damit der Betrag bei Namensgleichheiten eindeutig zugeordnet werden kann.

Die Bankverbindungen für Überweisungen zugunsten von Untersuchungsgefangenen in den hessischen JVAs können Sie in der jeweiligen Anstalt erfragen.