Forderungseinzug
Nachlässige, zahlungsschwache oder -unwillige Schuldner bereiten viel Aufwand und Ärger, insbesondere dann, wenn wie zumeist der Entstehung Ihrer Forderung einseitig erbrachte Vorleistungen zugrunde liegen. In Zeiten einer in vielen Bereichen nachlassenden Zahlungsmoral können Außenstände Unternehmen darüber hinaus in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringen, bis hin zur Gefahr der Insolvenz.
Dass sich Forderungen als schwer eintreibbar oder gar nicht realisierbar erweisen, werden Sie nicht völlig vermeiden können. Was Sie indes tun können ist, durch Beachtung einiger grundlegender Punkte und Hinweise Vorkehrungen zu treffen, die das Ausfallrisiko vermindern und die Entstehung eines letztendlichen Schadens verhindern helfen.
Keine Fehler bei der Rechnungstellung!
Formelle und inhaltliche Anforderungen an die Rechnungstellung, deren Erfüllung Voraussetzung dafür ist, dass eine Forderung überhaupt fällig wird, gibt es nur ausnahmsweise (so bei den Rechnungen der Architekten und Ingenieure nach HOAI, oder bei Baurechnungen gemäß VOB Teil B, die den Anforderungen der Prüffähigkeit entsprechen müssen; oder wenn sonst wie per Vertrag bestimmte Anforderungen für die Rechnung festgelegt werden). Jede Rechnung muss aber die abgerechnete Leistung eindeutig bezeichnen, inhaltlich nachvollziehbar sein und Preise ausweisen, die vertraglich vereinbart oder gesetzlich festgelegt und damit überprüfbar sind. Ansonsten ist sie folgenlos und kann insbesondere keinen Verzug auslösen.
Wichtig ist bei der Rechnungstellung:
- die richtige Benennung und Adressierung des Schuldners, insbesondere die richtige und vollständige Firmenangabe bei Personen- oder Kapitalgesellschaften
- Vergabe einer fortlaufenden Rechnungsnummer
- Angabe des Leistungszeitraums und Ihrer Umsatzsteuernummer
- transparente und überprüfbare Auflistung des einzelnen Leistungspositionen und der zugehörigen Mengen und Preise
- gesonderter Ausweis der Mehrwertsteuer
- eindeutige Bezeichnung des Zahlungsziels, soweit Sie ein solches generell einräumen oder vertraglich vereinbart haben; insbesondere: geben Sie das Ablaufdatum des Zahlungsziels als Kalendertag an! Das erleichtert den Beleg des Verzugseintritts enorm und begründet einen Zinsanspruch ohne weitere Mahnung, wenn nicht fristgerecht gezahlt wird.
- Bei Rechnungen, die an Verbraucher gehen und die Entgeltforderungen betreffen, muss der Hinweis aufgenommen werden, dass 30 Tage nach Zugang der Rechnung Verzug eintritt (z.B.: „Wir weisen darauf hin, dass Verzug eintritt, wenn die Forderung nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung beglichen wird, und dass die Forderung ab Verzugseintritt zu verzinsen ist.“). Nur dann nämlich können nach Ablauf der 30 Tage ohne weitere Mahnung Verzugszinsen in Höhe von 5 (Verbraucher) bzw. 9 (Unternehmer) Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.
- Die Rechnung muss nur dort persönlich unterschrieben werden, wo dies vorgeschrieben ist (so z.B. bei Steuerberatern).
Informationen beschaffen und sammeln
Nicht jedes Unternehmen kann sich in jeder Situation seine Kunden aussuchen. Dennoch beginnt die Vermeidung von Problemen mit dem Ausgleich von Rechnungen bei einer umsichtigen Einschätzung der Kunden. Ob jemand nachlässig ist, sich in Zahlungsschwierigkeiten befindet, bereits insolvent oder einfach nur zahlungsunwillig ist, ist von ganz entscheidendem Einfluss darauf, ob Zahlungen von ihm zu erreichen sind und auf welche Weise Sie ihn am effizientesten behandeln.
Deshalb:
- Achten Sie bereits im Vorfeld der Auftragserteilung, während der Vertragsgespräche, auf Ihr Gefühl und auf jegliche Anzeichen, die auf mögliche spätere Zahlungsprobleme hindeuten können. So sollte, um nur ein Beispiel zu nennen, die viel versprechende Ankündigung von Folgeaufträgen durch einen Kunden, den Sie noch nicht kennen, zunächst eher Anlaß zur Vorsicht und zur Absicherung sein, denn zur Vorfreude und zur schnellen Bereitschaft zu Vorleistungen. Über die Folgeaufträge können Sie sich immer noch genügend freuen, wenn Sie den ersten zufriedenstellend mit zügiger Zahlung des Kunden abgeschlossen haben.
- Wo es um größere Summen geht, sprechen Sie mit dem Kunden bereits im Vorfeld der Auftragserteilung über Sicherungsmöglichkeiten (Anzahlungen, Zahlungspläne, Bürgschaften etc.) und den Beleg der Zahlungsfähigkeit bzw. Finanzierung.
- Organisieren Sie Ihre Kundenbuchhaltung und die Auftragsbearbeitung in der EDV so, dass in die Kundendaten Hinweise auf verzögertes Zahlungsverhalten, auf unberechtigte Reklamationen oder dergleichen aufgenommen und dass bei der Bearbeitung eines Folgeauftrags durch die EDV routinemäßig entsprechende Warnhinweise gegeben werden.
- Wenn Zahlungen ausbleiben, kann ein Telefonanruf beim Schuldner wichtige weitere Hinweise geben oder auch Zahlungsmotive schaffen. Schuldner, die nur nachlässig waren, geraten durch persönliche Rückfragen, warum die Zahlung noch nicht erfolgt ist, viel eher unter Rechtfertigungs- und Zahlungsdruck als durch bloße schriftliche Mahnungen, die leicht in Stapeln unbearbeiteter Post oder im Papierkorb landen. Reagiert der Schuldner hinhaltend oder zurückweisend, oder werden Sie von seinem Personal wiederholt abgewimmelt, gewinnen Sie möglicherweise entscheidende Hinweise auf eine Zahlungsunwilligkeit, die Ihnen Anlaß geben sollte, sofort förmliche Schritte einzuleiten, z.B. einen Rechtsanwalt zu beauftragen oder einen gerichtlichen Mahnbescheid zu beantragen.
- Ebenso nützlich kann es sein, die Webseiten des Schuldners oder seine Räumlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Findet sich unter der angegebenen Adresse beispielsweise einer GmbH nur ein Briefkasten oder ein Kleinbüro, sollten Sie gleichfalls sofort zu förmlichen Schritten übergehen.
- Wenn Zahlungsverzögerungen bereits eingetreten sind, nutzen Sie vorhandene Möglichkeiten, Auskünfte über die Bonität des Schuldners einzuholen.
- Ihre Bank kann möglicherweise Auskünfte über den Schuldner geben oder einholen und Ihnen die Informationen zur Verfügung stellen.
- Daneben erteilen Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform, Schimmelpfeng oder Bürgel Bonitätsauskünfte.
- Bei dem für den Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners zuständigen Amtsgericht wird ein Schuldnerverzeichnis geführt, in das Schuldner eingetragen werden, gegen die erfolglos die Zwangsvollstreckung betrieben wurde. Und bei der Insolvenzabteilung des gleichen Gerichts können laufende oder abgeschlossene Insolvenzverfahren erfragt werden.
- Letztendlich gibt es heute sehr wirksam arbeitende Wirtschaftsdetekteien, die gegen vertretbares Entgelt teilweise erstaunliche Ermittlungsergebnisse und Vollstreckungsansätze präsentieren können. Bei größeren Forderungen und Schuldnern, die sich als zahlungsunwillig erwiesen haben, ist die Investition der damit verbundenen Kosten jedenfalls erwägenswert.
Allerdings dürfte eine frühzeitige und effiziente Sammlung von Informationen, die gewiß sinnvoll ist, um rechtzeitig die erforderlichen Weichen stellen zu können, entweder eine gut organisierte Mahn- und Vollstreckungsabteilung Ihres Unternehmens oder die Beauftragung eines Anwaltsbüros erfordern.
Forderungen absichern, wenn möglich vorher!
Für eine Reihe von Fallkonstellationen hat der Gesetzgeber Möglichkeiten der Forderungssicherung geschaffen. Daneben ist es empfehlenswert, vertragliche Sicherheiten zu schaffen, wo dies in der konkreten Situation durchsetzbar ist:
- Dem Vermieter steht ein gesetzliches Pfandrecht an den vom Mieter eingebrachten Sachen zu.
- Ebenso haben Werkunternehmer, die bewegliche Sachen hergestellt oder instandgesetzt haben, ein gesetzliches Pfandrecht, mit dem sie ihren Vergütungsanspruch absichern können.
- Bauhandwerker können unter bestimmten Voraussetzungen eine Sicherungshypothek an dem Grundstück ihres Kunden eintragen lassen.
- Daneben gibt es gesetzliche Zurückbehaltungsrechte, mit denen man die Erfüllung eigener Pflichten, an denen der Schuldner ein Interesse hat oder auf die er angewiesen ist, verweigern kann, bis dieser Zahlung geleistet hat. Beispielsweise kann bei einem PKW-Verkauf die Zurückbehaltung des Kfz-Scheins bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung ein wirksames Mittel sein.
- Vertragliche Sicherungsmittel sind z.B. Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung, Grundschuldbestellung oder Bürgschaft.
- Letztendlich: beim Schuldner selbst Leistungen zu beziehen und beide Schulden dann zu verrechnen, kann ein elegantes Mittel sein, Forderungen wenigstens durch Sachleistungen auszugleichen.
Betreffend den Einsatz dieser Sicherungsmittel sollten Sie sich im Einzelfall oder bei der Gestaltung von Vertragsentwürfen oder allgemeinen Geschäftsbedingungen kompetent anwaltlich beraten lassen, um Fehler zu vermeiden.
Ihr Mahnwesen effizient organisieren!
Wenn der Schuldner schon nicht pünktlich zahlt, sollten Sie wenigstens für den Verzögerungszeitraum durch Zinsen entschädigt werden.
Der im Verzug befindliche Schuldner muß zusätzlich zu der Hauptforderung Zinsen in Höhe von zumindest 5 (Verbraucher) bzw. 9 (Unternehmer) Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zahlen. Das kann eine deutlich über dem Markzinssatz liegende Verzinsung ergeben und durchaus interessant sein.
Dennoch ist aus Liquiditäts- und Sicherheitsgründen die schnelle Zahlung zumeist die willkommenste. Eine gute Organisation der Zahlungsüberwachung und des Mahnwesens ist daher eine elementare Grundlage für ein gutes Forderungsmanagement. Ein auf Dauer gutes Verhältnis mit Ihren Kunden setzt ein entgegenkommendes, aber auch ein konsequentes und regelmäßiges Mahnverhalten voraus:
- Mahnen Sie in Zeitabständen, die in Ihrem Geschäftszweig üblich sind und organisieren Sie, dass die Mahnungen nach Ablauf der festgelegten Zeiträume ohne Verzögerung erstellt und versandt werden. Jede Auftragsbearbeitungs- oder Buchhaltungssoftware verfügt heute über entsprechende Module.
- Mahnen Sie zweimal: einmal freundlich, einmal mit bestimmter Aufforderung. Weitere Mahnungen machen in der Regel keinen Sinn und kosten Sie nur Zeit und Aufwand.
- Die Mahnung kann als solche bezeichnet sein, muss dies aber nicht, und sollte bei der ersten Mahnung durchaus auch in freundlichem Ton gehalten sein. Wichtig ist allein, dass aus dem Text zweifelsfrei hervorgeht, dass Sie nunmehr Zahlung erwarten.
- Mahnen Sie stets mit Setzung einer Frist. Benennen Sie dabei als letzten erwarteten Zahlungszeitpunkt einen bestimmten Kalendertag. Nur so schaffen sie, wo dies erforderlich ist, die notwendige Klarheit, an welchem Tag Zahlungsverzug eingetreten ist. Bei Baurechnungen im Rahmen von VOB/B-Verträgen sind die darin geregelten Fälligkeitsfristen zu beachten.
- Bleibt auch die zweite Mahnung ohne Reaktion, sind Sie am Ende Ihrer eigenen Möglichkeiten angekommen und sollten Sie die weitere Bearbeitung des Forderungseinzugs nach außen verlagern: an ein Inkassounternehmen, ein Anwaltsbüro oder direkt an das Amtsgericht zur Errichtung eines gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsbescheids.
Wenn alles nichts hilft: Inkasso, Anwalt, Gericht?
Die Beauftragung eines Inkassobüros kann durchaus sinnvoll sein. Sie hilft allerdings nur bei nachlässigen oder Schuldnern mit zeitweiligen Zahlungsproblemen und wenn die Forderung nicht streitig ist. Wenn der Schuldner auf Schreiben des Inkassobüros hingegen nicht zahlt, insbesondere auch dessen Kosten nicht ausgleicht, und der Forderung widerspricht, ist das Inkasso ebenfalls mit seinen Möglichkeiten am Ende und Ihnen sind Kosten entstanden, die Sie im Regelfall nicht auf den Schuldner abwälzen können.
Ein Anwaltsbüro kann Sie hingegen auch bei streitiger Entwicklung, insbesondere wenn ein Klageverfahren erforderlich wird, vor Gericht weiter vertreten. Der Rechtsanwalt wird vor Einleitung eines Klageverfahrens prüfen, ob alle Voraussetzungen für eine streitige Durchsetzung Ihrer Forderung gegeben sind (Erbringung und Abnahme der Leistung? Erledigung von Nachbesserungen, Bestehen von Gewährleistungsansprüchen? Verjährung? Etc.), wozu dem Inkassobüro die Kompetenz fehlt. Die vorgerichtliche Organisation des Forderungseinzugs ist bei Inkassobüros und bei Anwaltsbüros vergleichbar und weist keine wesentlichen Unterschiede im Verfahren auf. Wo Forderungsangelegenheiten aber in gerichtliche Verfahren und anschließende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen münden, ist es entsprechend erfolgversprechender, arbeitsökonomischer und kostengünstiger, gleich ein Anwaltsbüro zu beauftragen.
Das gerichtliche Mahnverfahren können Sie auch direkt, ohne vorgeschaltetes Inkasso und ohne Beauftragung eines Anwalts, einleiten, indem sie bei dem für Ihren Wohn- oder Geschäftssitz als Mahngericht zuständigen Amtsgericht auf den dafür vorgesehenen Formularen bzw. auf elektronischem Weg einen Mahnbescheid beantragen. Auf diese Weise sparen Sie Inkasso- und Anwaltskosten. Legt der Schuldner keinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, beantragen Sie anschließend einen Vollstreckungsbescheid und erlangen so einen Titel, der Sie erforderlichenfalls ermächtigt, Vollstreckungsmaßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung einer Zahlung durchführen zu lassen.
Legt der Schuldner allerdings Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, den er nicht einmal begründen muß, wird die Durchführung des streitigen Klageverfahrens erforderlich. Für dieses Verfahren gelten die Regeln der Zivilprozessordnung: Sie müssen Ihre Forderung bezogen auf die in Betracht kommenden gesetzlichen Anspruchsgrundlagen schlüssig begründen und beweisen. Hier liegt die Quelle vieler möglicher Fehler, die dazu führen können, dass Sie einen aussichtsreichen Prozess am Ende gar verlieren, und es empfiehlt sich, streitige Klageverfahren wenn irgend möglich nicht ohne Anwalt zu führen – es sei denn, Sie verfügen über hauseigene Juristen. Soweit Klageverfahren gemäß der sachlichen Zuständigkeitsregelung beim Landgericht zu führen sind, benötigen Sie ohnehin zwingend einen Rechtsanwalt als Prozessvertreter.
Summa summarum spricht manches dafür, den Forderungseinzug nach Abschluß des von Ihnen selbst betriebenen Mahnlaufs gleich in eine Hand und damit in ein Anwaltsbüro Ihrer Wahl zu geben. Erkundigen Sie sich bei dem Büro, das Sie ins Auge fassen wollen, ob es über eine eigene, personell kompetent besetzte Mahn- und Vollstreckungsabteilung verfügt.
Die Kosten des Rechtsanwalts wie die Gerichtskosten muß, soweit sich Ihre Forderung als berechtigt erweist, letzten Endes ebenfalls der Schuldner tragen und Ihnen erstatten. Sie tragen insoweit mithin nur die Last der Vorfinanzierung.