Verkehrsunfall: Schadensabwicklung bei Sachschäden

Sofern Sie den Unfall verschuldet haben, werden die gegnerischen Ansprüche von Ihrer Haftpflichtversicherung reguliert. Diese wehrt auch unberechtigte Ansprüche der Gegenseite ab.

Wurde der Unfall von der Gegenseite verursacht, müssen Sie die eigenen Schäden bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machen. Diese hat Sie so zu stellen, wie Sie vor dem Schadensereignis standen. Je nach Fall können Sie damit – im Rahmen der Einstandspflicht der Gegenseite – den Ersatz nachfolgender Schadenspositionen beanspruchen

Reparaturkosten (bei durchgeführter Reparatur)

Die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Reparatur des eigenen Fahrzeugs werden prinzipiell in voller Höhe erstattet. Ausnahmen gibt es, wenn das eigene Fahrzeug durch den Unfall einen (wirtschaftlichen) Totalschaden erlitten hat. Ein solcher liegt vor, wenn die Kosten der Reparatur 30 % höher liegen, als der Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall betrug. Der Restwert hat bei der Gegenüberstellung von Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert außer Betracht zu bleiben – auch wenn Ihnen die Versicherungen teilweise anderes weismachen wollen!

Die in Kostenvoranschlägen oder Gutachten ausgewiesene Umsatzsteuer wird nur dann ersetzt, wenn diese tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Bei einer Reparatur in Eigenleistung erstattet die gegnerische Versicherung folglich nur den Nettoschadensbetrag nach Gutachten/Kostenvoranschlag. Durch Vorlage der Rechnungen für angeschaffte Ersatzteile kann aber die für diese entrichtete Umsatzsteuer geltend gemacht werden.

Reparaturkosten (bei nicht durchgeführter Reparatur)

Lassen Sie den Unfallwagen nicht reparieren, stehen Ihnen grundsätzlich die gleichen Ansprüche zu wie im Reparaturfall. Es gilt allerdings die Ausnahme, daß ohne Reparatur bereits dann ein wirtschaftlicher Totalschaden angenommen wird, wenn die Reparaturkosten über den einfachen Wiederbeschaffungskosten liegen.
Da Umsatzsteuer nicht anfällt, bekommen Sie nur den Nettoreparaturbetrag ersetzt.

Wertminderung

Zu einer Wertminderung an einer Sache kommt es, wenn ihr Marktwert aufgrund des Schadensereignisses selbst bei Durchführung einer fachgerechten Reparatur sinkt. In Bezug auf Kraftfahrzeuge liegt der Verdacht auf das Vorliegen einer Wertminderung nahe, wenn diese höchstens fünf Jahre alt sind und in einen Unfall mit erheblichem Schaden verwickelt waren. Je nach Fahrzeugmarke und Modell kann ein Unfall aber auch bei älteren Fahrzeugen trotz fachgerechter Reparatur zu einer Wertminderung führen.

Kosten einer Ersatzanschaffung

Liegen die Reparaturkosten laut Gutachten bei nicht durchgeführter Reparatur über dem Wiederbeschaffungswert (bei durchgeführter Reparatur: höher als 130 % des Wiederbeschaffungswertes) des Fahrzeugs, erfolgt der Schadensausgleich dadurch, dass Ihnen der Wert des beschädigten Fahrzeugs ersetzt wird, damit Sie sich ein gleichwertiges Fahrzeug kaufen können. Ersetzt wird in diesem Falle der so genannte Wiederbeschaffungsaufwand. Dieser errechnet sich, indem man vom Wiederbeschaffungswert den Restwert abzieht. Hierzu folgendes Beispiel:

 

Die Brutto-Reparaturkosten liegen 50 % über dem Wiederbeschaffungswert eines vergleichbaren Fahrzeugs; Reparaturkosten braucht die Versicherung daher nicht zu erstatten. Der zu erstattende Netto-Wiederbeschaffungsaufwand beträgt 4.500,- € (Wiederbeschaffungswert 5.000,- € abzgl. Restwert 500,- €). Verkaufen Sie das Fahrzeug zum Restwert, haben Sie mit der Erstattung des Wiederbeschaffungsaufwandes seitens der Versicherung den Wert Ihres Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Unfalls (5.000,- €) vollständig in Geld erhalten. Soweit Sie im Rahmen einer Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer verauslagen, hat Ihnen die Versicherung diese ebenfalls in dem im Gutachten angegebenen Rahmen zu erstatten. Kaufen Sie im vorgenannten Beispiel einen Neuwagen, für den Sie 1.900,00 € Umsatzsteuer ausgeben, erhalten Sie neben dem Wiederbeschaffungsaufwand von 4.500,- € Umsatzsteuer i.H.v. 950,- € erstattet.

Beim Kauf eines Gebrauchtwagens ist der Ersatz der Umsatzsteuer meist etwas komplizierter. Für diese Fahrzeuge gilt die so genannte Differenzbesteuerung. Bei dieser fällt die Umsatzsteuer auf die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der Händler das Fahrzeug gekauft hat, und dem Kaufpreis zwischen Ihnen und dem Händler an. Beispiel:

 

Der Händler wird Ihnen in den wenigsten Fällen preisgeben wollen, welchen Gewinn er an dem Fahrzeug gemacht hat – und dementsprechend, wieviel Umsatzsteuer tatsächlich angefallen ist. Lässt sich der Händlereinkaufspreis nicht in Erfahrung bringen, schätzt die Rechtsprechung den Betrag der im Rahmen der Differenzbesteuerung angefallenen Umsatzsteuer auf 2-3 Prozent des Kaufpreises. Dementsprechend kann jedenfalls dieser Betrag bei der gegnerischen Versicherung geltend gemacht werden.

Gutachterkosten

Die Kosten eines von Ihnen in Auftrag gegebenen Schadengutachtens sind im Regelfall ebenfalls von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu ersetzen – auch dies allerdings nur soweit, wie deren Einstandspflicht reicht.
Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn aufgrund des Schadensbildes vom Vorliegen eines Bagatellschadens auszugehen ist. Ein solcher wird von der Rechtsprechung im Einzelfällen bei Reparaturkosten von bis zu 1.000,- € bejaht – wobei der Bundesgerichtshof die Bagatellschadensgrenze für den Regelfall bei ca. 700,- € angesetzt hat. Bei Vorliegen eines Bagatellschadens reicht für die Schadensregulierung üblicherweise der Kostenvoranschlag einer Reparaturwerkstatt.

Tipp 1:

Sind Sie nicht sicher, ob die Schäden an Ihrem Fahrzeug die Bagatellschadensgrenze überschreiten, klären Sie mit der gegnerischen Versicherung ab, ob für die Schadensabwicklung die Einholung eines Kostenvoranschlages ausreicht!

Mietwagenkosten

Lassen Sie Ihr Fahrzeug reparieren und können es deshalb nicht nutzen, haben Sie Anspruch auf Ersatz der Kosten eines Ihrem Fahrzeug vergleichbaren Mietwagens bis zur vollständigen Reparatur Ihres Kfz.
Allerdings bekommen Sie bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nur die Aufwendungen ersetzt, „die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf“ (so die übliche Formulierung der Gerichte).
Sie merken: die Versicherungen und teilweise auch die Gerichte knausern! Die nachfolgenden Tipps sind an der Rechtsprechung der Gerichte orientiert und sollen Ihnen helfen, keine Kosten zu verursachen, die Ihnen dann in der Folge nicht erstattet werden, so dass sie an Ihnen hängen bleiben.

Tipp 2:

Verhalten Sie sich bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges so, als müssten Sie dieses selbst bezahlen!

Daraus resultiert

Tipp 3:

Vermeiden Sie die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem so genannten Unfallersatztarif!

Fast immer ist gegen Vorkasse die Anmietung zu einem Normal- oder Selbstzahlertarif möglich. Ist es Ihnen – notfalls durch Ausnutzung Ihrer Kreditlinie – möglich, das Ersatzfahrzeug bar, per EC- oder Kreditkarte vorzufinanzieren, entstehen durch entgangene Zinsverluste oder angefallene Kreditzinsen in aller Regel erheblich niedrigere Schäden, als dies bei Anmietung zu einem Unfallersatztarif der Fall wäre.

Tipp 4:

Halten Sie den Anmietzeitraum so kurz wie möglich!

Sie haben (nur) Anspruch auf die objektiv notwendige Dauer einer Reparatur bzw. im Totalschadensfalle einer Ersatzbeschaffung. Diese Zeitspanne wird meist in einem eingeholten Schadengutachten angegeben. Versuchen Sie z.B., die Anmietdauer dadurch gering zu halten, dass Sie einen Reparaturtermin – soweit möglich – zu Wochenbeginn vereinbaren.

Tipp 5: 

Mieten Sie ein Fahrzeug an, dass eine Fahrzeugklasse unter derjenigen Ihres Fahrzeugs liegt!

Für die Zeit der Anmietung eines klassengleichen Ersatzfahrzeuges entsteht Ihnen insoweit ein Vorteil, als dass Ihr Fahrzeug ohne das Schadenereignis durch fortdauernde Benutzung an Wert verloren hätte (höhere Laufleistung, Verbrauch von Schmierstoffen, etc.). Denn durch die Benutzung des Mietwagens sind Sie genauso mobil, als wenn sich der Unfall nicht ereignet hätte, ohne dass Ihr eigenes Fahrzeug in der vorbeschriebenen Weise an Wert verliert. Die Rechtsprechung schätzt den Wert des so erlangten Vorteils auch bei nur kurzen Anmietzeiten teilweise auf 10 – 20 Prozent der Anmietkosten! Dies lässt sich umgehen, indem nicht ein klassengleiches, sondern ein Fahrzeug angemietet wird, welches eine Fahrzeugklasse niedriger als Ihr Fahrzeug eingestuft ist.

Tipp 6: Stimmen Sie sich mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung ab, wenn Sie sich trotz Beherzigung sämtlicher vorstehender Ratschläge nicht sicher sind, ob ein Tarif, der Ihnen von einer Mietwagenfirma angeboten wird, voll ersetzt wird!

Nutzungsausfall

Nehmen Sie keinen Mietwagen in Anspruch, haben Sie für die Zeit, in denen Ihnen Ihr Fahrzeug nicht zur Verfügung steht, Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Diese beträgt derzeit je nach Fahrzeugtyp zwischen 27,- € und 99,- € pro Tag. Voraussetzung für den Anspruch ist eine fühlbare Beeinträchtigung durch die Nichtverfügbarkeit des Fahrzeugs. Diese ist zu bejahen, wenn Nutzungswille, hypothetische Nutzungsmöglichkeit sowie der tatsächliche Ausfall des Fahrzeugs gegeben sind.

Der Nutzungswille wird in Reparaturfällen so gut wie immer gegeben sein. Liegt ein Totalschaden vor, ohne dass die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erfolgt, wird ein solcher Wille dagegen in der Regel verneint.

Die hypothetische Nutzungsmöglichkeit wird z.B. problematisch, wenn Sie während der Dauer der Reparatur in den Urlaub fliegen oder aufgrund des Unfalls so schwer verletzt sind, dass Sie kein Fahrzeug führen können. Stellen Sie das Fahrzeug allerdings regelmäßig auch anderen Familienmitgliedern zur Verfügung, kann auch in diesen Fällen ein Nutzungsausfall zu bejahen sein.

Der tatsächliche Ausfall des Fahrzeugs kann auf zweierlei Weise nachgewiesen werden: durch Vorlage einer Reparaturrechnung bzw. einer Reparaturdauerbestätigung oder durch Übersendung von Lichtbildern des Fahrzeugs in repariertem Zustand. Auf den Lichtbildern sollte zusätzlich eine aktuelle Tageszeitung (wegen der Größe des abgedruckten Datums empfiehlt sich die Bildzeitung, der Express o.ä.) abgelichtet sein, damit ersichtlich ist, dass das Foto nach dem Schadenstag aufgenommen wurde. Gegebenenfalls kann die vollständige und fachgerechte Reparatur auch durch eine entsprechende gutachterliche Stellungnahme bescheinigt werden.

Kostenpauschale, sonstige Schadenpositionen

Kosten für Telefon, Porto und Fahrtkosten können pauschal geltend gemacht werden. Die Gerichte sprechen hier Beträge zwischen 20,- € und 30,- € zu, die meisten Versicherungen zahlen auf die Position „Kostenpauschale“ 25,- €. Sind über den Pauschalbetrag hinausgehende Schäden entstanden, müssen diese konkret nachgewiesen werden.

Weitere Schadenspositionen können sein:

Abschleppkosten; Ab- bzw. Ummeldekosten im Falle der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs; Standkosten; Treibstoff, der aufgrund des Totalschadens des eigenen Fahrzeugs nicht mehr verbraucht werden kann; Schäden an Schutzkleidung; Schäden an sonstiger Kleidung, z.B. im Falle schwerer Verletzungen; Schäden an im Fahrzeug transportierten Gegenständen; Beschädigungen an Sehhilfen; nehmen Sie trotz Ersatzpflicht des Schädigers Ihre Kaskoversicherung in Anspruch: die durch die Inanspruchnahme bedingten höheren Versicherungsprämien … u.v.m.

Tipp 7:

Legen Sie für alle Schäden und Ausgaben rund um den Unfall eine Liste an und sammeln Sie alle in diesem Zusammenhang anfallenden Belege. Im Fahrzeug transportierte Sachen sollten Sie möglichst noch an der Unfallstelle auf Unversehrtheit untersuchen und bei Beschädigungen die Polizeibeamten bitten, die Beschädigung zu regisitrieren.

Kosten der Rechtsverfolgung – Kosten eines Rechtsanwalts

Der Schädiger und seine Versicherung haben grundsätzlich auch die Kosten der Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer vorstehend beschriebenen Schadensersatzansprüche zu ersetzen.

Bedauerlicherweise gilt dies nach der Rechtsprechung der Gerichte allerdings nicht für die von Ihnen zur Abwicklung des Schadenfalles aufgewendete Freizeit. Diese wird Ihnen nicht ersetzt.
Demgegenüber sind Ihnen die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts regelmäßig jedenfalls insoweit in voller Höhe zu erstatten, als die Versicherung zur Zahlung verpflichtet ist. Daher:

Tipp 8: 

Bei einem Verkehrsunfall empfiehlt es sich nahezu immer, einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer Schäden beauftragen!

Die Versicherung und ihre Mitarbeiter sind Spezialisten der Schadensregulierung. Da sich der Gewinn der Versicherungen um jeden Euro, der in der Schadenregulierung an Sie gezahlt wird, mindert, wird diese im Zweifel darum bemüht sein, Ihnen nur die nötigsten Schäden – und diese möglichst nur teilweise – zu erstatten. Aus Gründen der Waffengleichheit hat sie Ihnen einen eigenen Spezialisten – den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens – für die Geltendmachung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu bezahlen. Nutzen Sie diese Chance!