Kündigungsschutz
Wie Sie reagieren sollten, wenn Ihnen der Arbeitgeber eine Kündigung überreicht oder mit der Post zuschickt, haben wir unter dem Stichwort Kündigung des Arbeitsplatzes erläutert.
An dieser Stelle sollen nähere Hinweise dazu gegeben, wie Sie gesetzlich gegen den Verlust des Arbeitsplatzes geschützt werden und was Sie gegen eine Kündigung der Sache nach einwenden und tun können.
Gegen eine Kündigung müssen Sie grundsätzlich und schnell – innerhalb von 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung – Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Denn sonst wird sie wirksam, ganz unabhängig davon, ob sie in der Sache rechtswidrig ist oder nicht. Das haben wir bereits unter dem Stichwort Kündigung dargestellt. Daher zunächst noch einmal als
Reagieren Sie schnell auf den Erhalt einer Kündigung. Beauftragen Sie umgehend einen Rechtsberater Ihrer Gewerkschaft oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, die Kündigung zu prüfen und gegebenenfalls innerhalb der 3-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage zu erheben.
Ob Sie sich erfolgreich gegen eine Kündigung zur Wehr setzen können, hängt unter anderem von den im Folgenden dargestellten Anforderungen ab, die Gesetz und Rechtsprechung an die Wirksamkeit der Kündigung von Arbeitsverhältnissen stellen. Werden die Anforderungen verletzt oder sind sie nicht gegeben, ist die Kündigung unwirksam – sofern Sie rechtzeitig Klage erhoben haben! Das Arbeitsgericht stellt dann durch Urteil fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Oder aber Sie legen den Streit im Rahmen des Klageverfahrens gütlich durch eine Vergleichsvereinbarung bei. Dass Kündigungsschutzklagen durch Vergleich abgeschlossen werden, ist sehr häufig der Fall. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle wird in einem solchen Vergleich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bei Zahlung einer Abfindung beendet wird.
Das gibt Anlass zu
Überlegen Sie bereits frühzeitig, welches Ziel Sie verfolgen wollen: den Erhalt des Arbeitsverhältnisses oder dessen Beendigung gegen Zahlung einer Abfindung. Wenn Sie zu einem klaren Ergebnis nicht kommen, lassen Sie sich von Ihrer Gewerkschaft oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, welches Ziel in Ihrem konkreten Fall erreichbar und auf Dauer das beste für Sie ist.
Die Konstellation erscheint seltsam: klagen können Sie nur mit dem Antrag und dem erklärten Ziel, den Arbeitsplatz zu erhalten und die Arbeit fortzusetzen. Dennoch endet die überwiegende Zahl der Kündigungsschutzklagen mit der Zahlung einer Abfindung als Ausgleich für die Aufgabe des Arbeitsplatzes bei dem bisherigen Arbeitgeber.
Das ist bedingt durch das Kündigungsschutzgesetz:
- Dieses lässt nur einen Klageantrag zu, der auf die Feststellung gerichtet ist, dass die streitige Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Ist die Klage erfolgreich, hat dies zur Folge dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht und fortzusetzen ist.
- Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes regelt das Kündigungsschutzgesetz nur für Ausnahmefälle. Liegt - wie zumeist - ein solcher Ausnahmefall nicht vor, steht Ihnen eine Abfindung nur zu, wenn sie durch Vergleich vereinbart wird: Sie erklären sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden, und der Arbeitgeber verpflichtet sich im Gegenzug, Ihnen dafür eine Abfindung zu zahlen. Mit anderen Worten: eine Abfindung gibt es im Regel nur, wenn zwei Leute zu einem Betrag ja sagen.
- Zahlen muss die Abfindung der Arbeitgeber und eine Abfindung zusagen wird er entsprechend nur, zumal bei größeren Beträgen, wenn er einen Grund dafür sieht. Der Grund dafür, dass in unserem Büro nahezu alle Kündigungsschutzmandate mit Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber abgeschlossen werden, liegt darin, dass aufgrund der recht komplexen gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz Arbeitgeber beim Ausspruch von Kündigungen leicht Fehler machen können. Wird der Arbeitnehmer durch einen kompetenten Anwalt vertreten, der die Fehler erkennt und sie im Prozess geltend macht, entsteht eine Risikolage für den Arbeitgeber, dass er den Prozess verliert und den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen sowie ihm Lohn oder Gehalt zahlen muss. Das will er zumeist nicht - woraus die Bereitschaft entsteht, eine Abfindung zu zahlen, wenn dafür das Arbeitsverhältnis beendet wird. Die Höhe der Abfindung ist reine Verhandlungssache und von der Beurteilung des Prozessrisikos für beide Seiten sowie dem Verhandlungsgeschick abhängig. Es gibt insoweit als groben Orientierungspunkt nur eine Faustregel, die bei einer offenen Risikolage für beide Seiten häufig zur Anwendung gelangt: Pro Beschäftigungsjahr eine halbe Bruttomonatsvergütung. Umgekehrt stellt sich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch für den Arbeitnehmer, obwohl er mit diesem Ziel klagen muss, nicht als wirklich anstrebenswert dar. Denn häufig wird während des Klageverfahrens oder bereits vorher soviel Porzellan zerschlagen, dass beide Seiten sich eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr vorstellen können.
Welche dieser beiden grundsätzlichen Zielrichtungen – Erhalt des Arbeitsplatzes oder dessen Aufgabe gegen Abfindung - Sie verfolgen sollen, bedarf der sorgfältigen Überlegung. Vielfach hat der Verlust des Arbeitsplatzes sehr einschneidende und lang anhaltende Folgen, so dass es gut bedacht sein will, ob es nicht langfristig doch die bessere Alternative ist, nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess zum bisherigen Arbeitgeber zurückzukehren und dort weiterzuarbeiten. Er wird gewiss nicht begeistert sein. In größeren Betrieben, wo Sie etwa mit dem Personalleiter, der Ihre Kündigung veranlasst hat, nicht täglich zu tun haben, kann es dennoch gut sein, dass bereits nach kurzer Zeit wieder Ruhe und Frieden einkehrt.
Was im Einzelnen bestimmt die Risikolage im Kündigungsschutzverfahren, die für die Abfindungshöhe bestimmend ist? Welche Anforderungen muss eine Kündigung erfüllen, um wirksam zu sein? Und welche Gründe können dazu führen, dass eine Kündigung unwirksam ist?
Schriftform
Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss schriftlich erfolgen und vom Arbeitgeber, einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers oder einem sonstigen Bevollmächtigten eigenhändig unterschrieben sein. Sie muss im Original übergeben oder zugesandt werden, ansonsten ist sie unwirksam.
Eine mündliche Kündigung ist uneingeschränkt unwirksam. Sie muss, anders als alle anderen Unwirksamkeitsgründe, auch nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden, um endgültig unwirksam zu werden.
Eine nur mündlich ausgesprochene Kündigung ist daher eigentlich Schall und Rauch. Dennoch kann auch eine mündliche Kündigung weit reichende Folgen haben und Sie sollten sie nicht einfach ignorieren, sondern sich über das weitere Vorgehen, Ihr Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber, der Sie erklärtermaßen loswerden will, Ihre Rechte und Ansprüche beraten lassen.
Begründung
Begründen muss der Arbeitgeber die Kündigung erst im Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht. Häufig erfahren Arbeitnehmer die Gründe für eine gegen sie ausgesprochene Kündigung erst im Laufe dieses Verfahrens.
Im Kündigungsschreiben muss eine Begründung grundsätzlich nicht gegeben werden.
Vorgeschrieben und Voraussetzung für die Wirksamkeit ist die Angabe der Gründe im Kündigungsschreiben nur im Geltungsbereich einiger Tarifverträge sowie bei Auszubildenden.
Kündigungsberechtigung
Aussprechen und unterschreiben darf eine Kündigung nur eine dazu von Gesetzes wegen oder per Vollmacht ermächtigte Person. Das sind insbesondere der Inhaber der Firma, der Geschäftsführer der GmbH, der Leiter der Personalabteilung.
Hat eine andere Person als der Arbeitgeber selbst das Kündigungsschreiben unterzeichnet, kann sie dies wirksam nur aufgrund einer zuvor ausgesprochenen Vollmacht tun. Soweit eine solche Vollmacht für Einstellungen und Entlassungen allgemein im Betrieb bekannt ist, müssen Sie diese gegen sich gelten lassen, so beim Personalleiter. Bei allen anderen Personen, bei denen Ihnen die Bevollmächtigung nicht bekannt oder zweifelhaft ist, muss dem Kündigungsschreiben die Vollmachtsurkunde im Original beigefügt sein. Fehlt sie, können Sie die Kündigung wegen nicht belegter Vollmacht zurückweisen. Das müssen sie allerdings unverzüglich tun: die Zurückweisung muß dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche nach Erhalt der Kündigung zugehen.
Prüfen Sie das Kündigungsschreiben sorgfältig darauf, ob es eine Originalunterschrift trägt, wer unterzeichnet hat und ob, wenn dies nicht der Inhaber, Geschäftsführer oder Personalleiter waren, eine ordnungsgemäße Vollmacht im Original beigefügt ist.
Kündigungsverbote
Die Kündigung Schwangerer, von Eltern während der Elternzeit, von Wehr- und Zivildienstleistenden, von Betriebs- oder Personalräten, von Jugendvertretern oder Abgeordneten während ihrer Amts- oder Mandatszeit und teilweise noch eine gewisse Zeit danach, von Auszubildenden nach der Probezeit ist gesetzlich verboten. Ebenso ist die ordentliche Kündigung während eines befristeten Arbeitsverhältnisses verboten, sofern sie nicht ausnahmsweise im Arbeitsvertrag ausdrücklich zugelassen worden ist. Weiterhin enthalten manche Tarifverträge Regelungen, nach denen Arbeitnehmer, insbesondere bei langjähriger Betriebszugehörigkeit und Erreichen eines bestimmten Alters, unkündbar werden. Diese Aufzählung ist nicht erschöpfend, es gibt weitere Kündigungsverbote.
Zustimmungserfordernis
Bei Schwerbehinderten und bei Personen, die Schwerbehinderten gleichgestellt sind, darf die Kündigung nicht ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen werden. Beantragt der Arbeitgeber eine solche Zustimmung, werden Sie vor der Entscheidung vom Integrationsamt angehört und können zu der Kündigungsabsicht Stellung nehmen. Versagt das Integrationsamt die Zustimmung, kann der Arbeitgeber dagegen zwar Rechtsmittel einlegen, deren Ausgang indes ungewiss ist und den Ausspruch der Kündigung jedenfalls hinauszögert. Kündigt der Arbeitgeber ohne Zustimmung, ist die Kündigung unwirksam, ohne dass es weiterer Prüfung durch das Arbeitsgericht bedarf. Allerdings, wie stets: Sie müssen fristgerecht Klage erheben.
Aufgabe des Integrationsamtes ist es, den gesetzlichen Schutz der Schwerbehinderten, der auch für Kündigungen gilt, zu gewährleisten. Die dabei zu beachtenden Gesichtspunkte unterscheiden sich aber von den arbeitsrechtlichen in vielem, so dass Sie gut beraten sind, sich bereits im Zustimmungsverfahren vor dem Integrationsamt rechtlich kompetent vertreten zu lassen.
Sofern Sie in dem Zeitpunkt, in dem sich die Möglichkeit einer Kündigung andeutet, noch nicht als Schwerbehinderter anerkannt sind, aber an einer gesundheitlichen Beeinträchtigung leiden, die eventuell einen Anerkennungsgrund darstellt, empfehlen wir, umgehend das für Sie zuständige Versorgungsamt aufzusuchen und einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung zu stellen. Kommt die Kündigung dann tatsächlich und haben Sie den Schwerbehindertenantrag vorher gestellt, so genießen Sie rückwirkend den Schwerbehindertenschutz inklusive des Zustimmungserfordernisses, wenn Sie später als Schwerbehinderter anerkannt werden. Sie müssen den Arbeitgeber lediglich innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung über den laufenden Antrag informieren.
Lassen Sie sich umgehend beraten, ob Sie mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter oder Gleichgestellter stellen können, wenn es dafür gesundheitliche Anhaltspunkte gibt und Sie eine Kündigung auf sich zukommen sehen.
Das gleiche Informationserfordernis gilt, um das Zustimmungserfordernis zu erhalten, wenn Sie anerkannter Schwerbehinderter sind, der Arbeitgeber davon bei Ausspruch der Kündigung aber noch nichts wei
Massenentlassungsanzeige
Bei dem Vorhaben der parallelen Kündigung einer größeren Zahl von Arbeitnehmern muß der Arbeitgeber zuvor eine sog. Massentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit vornehmen. Erfolgt diese nicht oder nicht gemäß den dafür geltenden Vorschriften, kann dies gleichfalls zu einer Unwirksamkeit der Kündigung führen. Dieser Punkt ist gegebenenfalls von Ihrem Anwalt im Kündigungsschutzverfahren abzuklären.
Betriebsratsanhörung
Sofern in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat besteht, muss dieser vor Ausspruch einer Kündigung angehört werden.
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über alle Umstände informieren, die der Betriebsrat benötigt, um beurteilen zu können, ob die Kündigung zu Recht erfolgen kann. Dazu zählen insbesondere detaillierte Angaben zur Person des zu Kündigenden, seiner sozialen Lebensumstände, die Gründe, aus denen die Kündigung erfolgen soll, die einzuhaltende Kündigungsfrist etc.
Der Betriebsrat hat bei einer ordentlichen Kündigung 7 Tage, bei einer fristlosen Kündigung 3 Tage Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Erst nach Abgabe der Stellungnahme oder nach Ablauf der Frist darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.
Wenn der Betriebsrat der Kündigung widerspricht, ist der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, den Arbeitnehmer auch über die Kündigungsfrist hinaus und bis zum Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen und zu bezahlen. Das kann bei langer Verfahrensdauer ein ganz erheblicher Vorteil sein, weil es den Zeitpunkt hinauszögert, ab dem Sie Arbeitslosengeld beanspruchen müssen.
Im späteren Kündigungsschutzprozess kann der Arbeitgeber sich grundsätzlich nur auf die Kündigungsgründe und Umstände berufen, die er dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung mitgeteilt hat. Und die von den Arbeitsgerichten an die Anhörung gestellten Anforderungen sind hoch. An dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats scheitern ausgesprochen viele Kündigungen. Daher
Erkundigen Sie sich beim Betriebsrat, ob und mit welchen Informationen im einzelnen der Arbeitgeber ihn zu Ihrer Kündigung angehört hat. Lassen Sie sich eine Kopie der Anhörungsunterlagen geben und legen Sie diese Ihrem Berater oder Anwalt vor.
Das ist der Weg, auf dem Sie frühestmöglich eine Einschätzung gewinnen können, worum es konkret und im Detail bei der Kündigung geht, wo die Streitpunkte liegen können oder werden und ob die Kündigung rechtmäßig ist oder nicht.
Wenn der Betriebsrat der Kündigung im Ergebnis zugestimmt oder nicht widersprochen hat, sollte Sie das nicht davon abhalten, sich gewerkschaftlich oder anwaltlich beraten zu lassen, ob eine Klage zumindest im Hinblick auf die vergleichsweise Aushandlung einer Abfindung aussichtsreich ist. Das Kündigungsschutzrecht ist höchst komplex, die Fehlerquellen vielfältig und die Widerspruchsbefugnis des Betriebsrats auf gesetzliche festgelegte Problembereiche beschränkt. Dementsprechend können sie einem Widerspruch des Betriebsrats positive Anhaltspunkte entnehmen, dass eine Klage gegen die Kündigung Aussichten hat. Umgekehrt bedeutet eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer Kündigung keineswegs ein Indiz für schlechte Chancen einer Klage.
Gesetzlich vorgeschriebener Kündigungsgrund
Frage 1: Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar?
Für die ordentliche, fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses benötigt der Arbeitgeber einen gesetzlich geregelten Grund, wenn
- das fragliche Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung bis zum Tag des Kündigungsausspruchs mehr als 6 Monate bestanden hat (sog. Wartezeit) und
- in dem Betrieb regelmäßig mehr als 5 bzw. 10 Arbeitnehmer einschließlich des zu kündigenden beschäftigt werden.
Dann gilt das Kündigungsschutzgesetz und der Arbeitgeber kann nur kündigen, wenn einer der gesetzlich geregelten Gründe vorliegt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht, ist gerade hinsichtlich der Beschäftigtenzahl und der Überschreitung des dafür gesetzlich geregelten Grenzwerts häufig nicht einfach zu bestimmen.
- Für Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2003 im gleichen Betrieb beschäftigt waren, gilt der Schwellenwert von 5. Für diejenigen, die erst am 01.01.2004 oder danach eingestellt wurden, beträgt der Schwellenwert 10.
- Klar ist die Lage, wenn aktuell im Betrieb mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt werden. Dann genießen alle Arbeitnehmer Kündigungsschutz.
- Ebenso klar ist, dass keiner der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt, wenn im Kündigungszeitpunkt nur 5 oder weniger Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind.
- Gerechnet werden muß unter Umständen, wenn die Beschäftigtenzahl zwar insgesamt über 10 liegt, darunter aber auch Auszubildende und Teilzeitkräfte sind. Auszubildende werden gar nicht mitgezählt, Teilzeitkräfte nur mit einem Bruchteil: Vollzeitarbeitnehmer werden jeweils mit dem Faktor 1, Teilzeitkräfte mit einer Wochenarbeitsstundenzahl von bis zu 20 mit 0,5, zwischen 20 und 30 Wochenstunden mit 0,75 und darüber ebenfalls mit 1 berücksichtigt. Ergibt sich so eine Zahl von zumindest 10,25 Beschäftigten, gilt für alle Kündigungsschutz.
- Kompliziert wird es für die Arbeitnehmer, die bereits 2003 oder früher eingestellt worden sind. Für diese gilt weiterhin der Schwellenwert von 5 Beschäftigten. Sie stehen unter Kündigungsschutz, wenn am 31.12.2003 und noch im Zeitpunkt der Kündigung mehr als 5 Arbeitnehmer (mindestens 5,25; gemäß der eben dargestellten Berechnungsweise) beschäftigt waren bzw. sind.
Hat Ihr Betrieb heute zwischen 5 und 10 Arbeitnehmern, sind Sie bereits seit 2003 oder länger da und werden nunmehr gekündigt, empfehlen wir dringend, die Frage des Bestehens von Kündigungsschutz einen Fachanwalt klären zu lassen. Hier steckt häufig der Teufel im Detail der dazu ergangenen Rechtsprechung!
Frage 2: Welche Gründe können eine Kündigung rechtfertigen, wenn das Kündigungsschutzgesetz anzuwenden ist?
Das Gesetz sieht drei Gruppen von Gründen vor, die eine Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen können:
- personenbedingte Kündigungsgründe (Gründe, die in der Person des Arbeitnehmer liegen; Hauptfall: Krankheit oder dauerhafte Leistungsunfähigkeit)
- verhaltensbedingte Gründe (Verletzung von Pflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses, z.B. wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeit, der Griff in die Kasse u.v.m.)
- betriebsbedingte Gründe (dringende betriebliche Erfordernisse, die zu einem Wegfall des Arbeitsplatzes führen)
Dass ein vom Gesetzgeber und von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte anerkannter Kündigungsgrund vorliegt, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Gesetz und Gerichte haben hier teilweise ausgesprochen hohe Hürden aufgestellt. Der Ausspruch einer Kündigung darf beispielsweise nur das letzte Mittel sein; weniger einschneidende Maßnahmen, um das für den Arbeitgeber aufgetretene Problem zu lösen, dürfen nicht zur Verfügung stehen. Verhaltensbedingte Kündigungen sind grundsätzlich nur nach vorausgegangener Abmahnung betreffend ein gleichartiges Fehlverhalten zulässig. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Auswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern nach sozialen Gesichtspunkten treffen (die sog. Sozialauswahl) – und so weiter und so weiter …
Es gibt eine selbst für den Fachmann nur schwer überschaubare Vielfalt an Rechtsprechung zu allen möglichen Fragen und Einzelfallkonstellationen, die dicke Kommentare füllt. Diese hier auch nur ansatzweise auszuführen würde den Rahmen sprengen. Wichtig ist indes: im Ergebnis bestehen gerade auf der Ebene des Kündigungsgrundes für den Arbeitgeber jede Menge Tücken, Fallstricke, Unwägbarkeiten und Risiken, die dazu führen, dass er viele Fehler machen kann und in vielen Fällen auch macht. Dass er einen Fehler gemacht hat oder dass der Grund, aus dem heraus er die Kündigung ausgesprochen hat, vom Gesetz nicht anerkannt ist, erfährt der Arbeitgeber zumeist aber erst im Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht. Das wiederum führt dazu, dass so viele Kündigungsschutzklagen mit Vergleichen abgeschlossen werden und zu Abfindungen für die betroffenen Arbeitnehmer führen. Deshalb
Wenn der Arbeitgeber Ihnen keinen Grund für die Kündigung nennt oder wenn Sie als Laie nur den leisesten Zweifel daran haben, dass der Ihnen genannte Grund zutrifft und vom Kündigungsschutzgesetz anerkannt ist, lassen Sie sich von einem gewerkschaftlichen Rechtsberater oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten und erheben Sie Kündigungsschutzklage. Ohne eine solche Klage vergeben Sie die Chance einer Überprüfung des Kündigungsgrundes durch das Arbeitsgericht und einer Abfindung dafür, dass Sie den Arbeitsplatz freiwillig aufgeben, mithin unter Umständen viel Geld, das Sie gerade bei einer Kündigung gut gebrauchen können.
Frage 3: Welcher Grund rechtfertigt eine fristlose Kündigung?
Damit eine fristlose Kündigung wirksam ist, muß stets ein sog. wichtiger Grund vorliegen, das heißt es muss ein Grund vorliegen, der so schwerwiegend ist, dass es für den Arbeitgeber unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung fortzusetzen. Dies ist grundsätzlich eine noch höhere Hürde als die für Kündigungsgründe bei ordentlichen Kündigungen im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Und das ist auch mit gutem Grund so. Denn die fristlose Kündigung ist ein scharfes Schwert: sie beendet das Arbeitsverhältnis sofort, ohne jede Auslauffrist, und Arbeitslosengeld erhält der Betroffene auch erst nach einer Sperrzeit.
Außerdem muß der Arbeitgeber schnell handeln. Eine fristlose Kündigung kann er wirksam nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erklären.
Die fristlose Kündigung ist aus diesen Gründen ein zweischneidiges Schwert: der Arbeitgeber trägt ein hohes Risiko, am Ende, wenn er den Arbeitnehmer los werden will, von dem er sich unbedingt und mit sofortiger Wirkung trennen wollte, eine hohe Abfindung zahlen zu müssen und damit sich selbst ebenso zu verletzen wie den gekündigten Arbeitnehmer.
Es gilt daher auch hier Tipp 7.
Einhaltung der Kündigungsfrist
Welche Frist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung vom Arbeitgeber einzuhalten ist, kann sich aus Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder dem Gesetz ergeben
- Vorrang hat (zumeist) eine tarifvertragliche Frist, sofern auf Ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, der Kündigungsfristen regelt.
- Ist dies nicht der Fall, gelten die Fristen, die im Arbeitsvertrag vereinbart worden sind.
- Legt auch der Arbeitsvertrag die Kündigungsfristen nicht fest, so gelten grundsätzlich die Fristen, wie sie in § 622 BGB festgelegt sind:
- Die Mindestkündigungsfrist beträgt 4 Wochen zum 15. oder letzten Tag eines Monats
- Ab einer Beschäftigungsdauer von 2 Jahren ist die Kündigung nur noch zum Monatsende zulässig; die Frist beträgt 1 Monat, ab 5 Jahren 2 Monate, ab 8 Jahren Beschäftigungsdauer 3 Monate, ab 10 Jahren 4 Monate, ab 12 Jahren 5 Monate, ab 15 Jahren 6 Monate und ab 20 Jahren gilt eine Kündigungsfrist von 7 Monaten.
- Nur innerhalb einer Probezeit, die aber ausdrücklich als solche vereinbart werden muss und maximal 6 Monate betragen darf, kann der Arbeitgeber mit einer kürzeren Frist von 14 Tagen kündigen.
- Ebenso gelten bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers teilweise andere Fristen.
Wird mit falsch berechneter Frist gekündigt, so wird die Kündigung erst zum Ablauf der richtigen Frist wirksam. Da kann es unter Umständen um mehrere Monatsverdienste mehr oder weniger gehen, so dass
Lassen Sie auch die Kündigungsfrist, die im Kündigungsschreiben angegeben wird, durch einen Fachmann überprüfen.