Handelsvertreter Kündigung

Das ist die Schattenseite der Selbständigkeit: wenn Sie Handelsvertreter sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Ihre Selbständigkeit nur auf dem Papier steht, sind Sie vor einer Kündigung des Vertrags nicht geschützt.

Für die ordentliche, fristgemäße Kündigung des selbständigen Handelsvertreters benötigt Ihr Vertragspartner keinen Grund. Er muß lediglich die vertraglich oder gesetzlich festgelegte Frist für die Kündigung einhalten.

Die Kündigungsfristen betragen mindestens:

Im ersten Jahr der Vertragsdauer: Ein Monat

Im zweiten Jahr: Zwei Monate

Im dritten bis fünften Jahr: Drei Monate

Bei einer Vertragsdauer von fünf und mehr Jahren: Sechs Monate


Sind vertraglich längere Fristen vereinbart, so gelten diese.

Nur für eine fristlose Kündigung muss ein wichtiger Grund bestehen. Darunter versteht die Rechtsprechung einen Grund, der so schwerwiegend ist, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis bis zum Zeitpunkt der vereinbarten Beendigung bzw. bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung fortzusetzen. Liegt ein solcher Grund vor und reagiert der Kündigungsberechtigte auf dessen Kenntnis zügig, dann beendet die fristlose Kündigung das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung.

Andererseits kann der Handelsvertreter ebenso gut selbständiger Kaufmann wie Arbeitnehmer seines Vertragspartners sein. Das sieht § 84 HGB ausdrücklich vor. Und der nach dem Vertragstext selbständige Handelsvertreter kann in Wirklichkeit nur scheinselbständig, d.h. Arbeitnehmer sein - wenn nämlich in der Praxis das Vertragsverhältnis so ausgestaltet ist und abgewickelt wird, dass es die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses erfüllt.

Weil dies so ist, gilt

Tipp 1:
Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Ihr Vertragsverhältnis in Wirklichkeit möglicherweise ein Arbeitsverhältnis darstellt, lassen Sie diese Frage spätestens nach dem Erhalt der Kündigung durch einen Fachmann, am besten einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, überprüfen und sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens beraten.

Nähere Einzelheiten können Sie zum Stichpunkt Scheinselbständigkeit nachlesen.

Tipp 2:
Eile ist geboten. Wenn Ihr Vertragsverhältnis in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis darstellt, müssen Sie die Kündigung innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Erhalt mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht angreifen. Ansonsten wird die Kündigung wirksam, unabhängig davon, ob sie rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt ist.

Beachten Sie dabei, dass Sie mit einer solchen Klage wegen der Kompliziertheit des Gegenstandes der Scheinselbständigkeit ohne Fachanwalt kaum erfolgreich sein werden.

Tipp 3:
Viele fristlose Kündigungen sind unwirksam, insbesondere weil nach den Maßstäben der Gerichte ein hinreichend schwerwiegender Grund nicht vorliegt oder nicht zu beweisen ist. Lassen Sie  sich daher auch bei Erhalt einer fristlosen Kündigung fachkundig beraten, ob Sie sie akzeptieren sollten oder angreifen können. Ist die Kündigung unwirksam, steht Ihnen zumindest für die ordentliche Kündigungsfrist noch die vertragliche Vergütung zu, auch ohne Arbeitsleistung.

Sind Sie selbständig und fristgerecht gekündigt worden, bleibt es Ihnen nicht erspart, die vereinbarte Arbeitsleistung bis zum bitteren Ende zu erbringen. Jedenfalls wenn das Unternehmen darauf besteht.

In vielen Fällen ist aber folgendes durchaus Erfolg versprechend:

Tipp 4:
Verhandeln Sie mit dem Unternehmen über eine Freistellung bei Fortzahlung der zuletzt durchschnittlich gezahlten Vergütung.

Freistellung bedeutet, dass das Unternehmen Sie von der Verpflichtung zur Erbringung der vereinbarten Tätigkeit vorzeitig entbindet. Je erfolgssensibler Ihre Tätigkeit ist, desto größer wird das Interesse des Unternehmens sein, an Ihrer Stelle nicht eine wenig motivierte Person sitzen zu haben, die nur noch Dienst nach Vorschrift betreibt, möglicherweise gar über eine längere Zahl von Monaten – und desto größer die Bereitschaft, über einen vorzeitigen Ersatz und Ihre Freistellung nachzudenken und beides auch umzusetzen.

Sie müssen bei der Vereinbarung betreffend eine Freistellung nur darauf achten, dass klar geregelt wird, dass Sie weiterhin die zuletzt gezahlte Vergütung erhalten, unabhängig davon, dass Sie keine Leistungen mehr erbringen.

Wenn dann die Kündigungsfrist abgelaufen ist, steht die Abwicklung der Beendigung an: Rückgabe der Filiale, Inventur, Endabrechnungen etc. Auch hier gibt es, weil bis dahin die Emotionen zuweilen hochgeschaukelt sind, immer wieder Auseinandersetzungen bis hin zu heftigen Streitigkeiten. Diese sind aber zu verschiedenartig und je nach Einzelfall gelagert, als dass sich allgemeine Hinweise geben ließen.

Woran Sie am Ende aber unbedingt denken sollten: an den Ausgleichsanspruch!

Tipp 5:
Bedenken Sie dass dem Handelsvertreter, der den Vertrag nicht selbst gekündigt hat, in der Regel ein sog. Ausgleichsanspruch zusteht, und machen Sie diesen geltend!

Dabei geht es, jedenfalls bei mehrjährigen Handelsvertreterverhältnissen, um eine ganz erhebliche Summe, bis hin zum Betrag einer vollen Jahresprovision bzw. –vergütung, so dass es fahrlässig wäre, diesen Anspruch ungeprüft zu übergehen.